Im Laufe ihrer Geschichte haben die Schweizer Corps eine Reihe von bedeutenden Männern aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Militär hervorgebracht. Dabei war die Mitgliedschaft nie an die Schweizer Nationalität geknüpft, wenn auch die Mehrheit in der Schweiz Karriere machte.
Otto Binswanger (1852-1929) – Corps Tigurinia Zürich – Psychiater und Neurologe. Sohn von Ludwig Binswanger d. Ä, Begründer des Sanatoriums Bellevue in Kreuzlingen. B. studierte Medizin in Heidelberg, Straßburg und Zürich, war ab 1880 Oberarzt an der psychiatrischen und Nervenklinik der Charité in Berlin, wo er sich habilitierte. 1882 folgte er einem Ruf nach Jena als Direktor der Landesheilanstalt und ausserordentlicher Professor der Psychiatrischen Universitätsklinik. 1891 wurde er ordentlicher Professor der Psychiatrie. 1919 emeritiert. Auf seine Initiative ging u. a. die Herausbildung einer eigenen Kinder- und Jugendpsychologie zurück.
Placidius Bütler (1859-) – Corps Helvetia Zürich – Historiker. Studium in Zürich, Basel und Genf. B. war von 1884 bis 1889 Lehrer am Institut Wiget in Rorschach, ab 1887 an der Bezirksschule in Baden, 1890 am kantonalen Lehrerseminar in Rorschach, ab 1898 an der Kantonsschule St. Gallen, 1907 Lehrer für Geschichte am oberen Gymnasium, zahlreiche Veröffentlichungen. 1905 wurde er Bürger von St. Gallen, 1919 Präsident des historischen Vereins von St. Gallen.
Halil Edhem Bey, nach der Einführung von Nachnamen Halil Ethem Eldem (1861-1938) – Corps Helvetia Zürich – Direktor des Kaiserlich Ottomanischen Museums in Konstantinopel. Halil Edhem wurde in eine vornehme osmanische Familie in Konstantinopel geboren. Er besuchte das Gymnasium in Berlin und studierte an den Universitäten Zürich, Wien und zuletzt in Basel, wo er an der Philosphischen Fakultät promovierte. 1885 kehrte er nach Konstantinopel zurück und arbeitete in der Verwaltung des Osmanischen Reichs bzw. der Türkischen Republik. Nach seiner Pensionierung 1931 war er Abgeordneter des türkischen Parlaments. Halil Ethem erwarb sich bleibende Verdienste um die osmanischen bzw. türkischen Geschichtswissenschaften und gilt als einer der Begründer der türkischen Museumskultur.
Friedrich Erismann (1842-1915) – Corps Tigurinia Zürich – Ophtalmologe und Hygieniker, Professor an der Universität Moskau, sozialdemokratischer Politiker. Studierte Medizin in Zürich, Würzburg und Prag, Promotion zum Dr. med., ophtalmologische Fachausbildung in Heidelberg, Wien und Berlin, 1869 Augenarzt in St. Petersburg, nach Teilnahme am russisch-türkischen Krieg in Moskau und dort wissenschaftlich tätig, 1881 Privatdozent an der Universität Moskau, 1884 ordentlicher Professor für Hygiene und Leiter des dortigen Hygiene-Instituts. E. legte mit die Grundlagen für die Entwicklung der wissenschaftlichen Hygiene als eigenständige Disziplin in Russland, aus politischen Gründen entlassen, Rückkehr in die Schweiz und dort Privatgelehrter. 1870 trat er der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz bei, gehörte 1898 bis 1901 dem Grossen Stadtrat von Zürich an und war gleichzeitig 1899 bis 1901 Präsident der Arbeitskammer, 1901 bis 1915 Mitglied des Stadtrats und dort zuständig für das Gesundheitswesen. 1902 bis 1914 auch Mitglied des Kantonsrats des Kantons Zürich. In Zürich-Aussersihl wurden die Erismannstrasse und der Erismannhof nach ihm benannt.
Victor Fehr (1846-1938) – Corps Tigurinia Zürich – Politiker, Gutsbesitzer, Landwirtschaftsfunktionär Gutsbesitzer auf der Kartause Ittingen, Mitgründer und langjähriger Präsident der Gesellschaft schweizerischer Landwirte, Mitgründer und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Bauernverbandes, initiierte die Internationale Schule für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil und die Landwirtschaftliche Schule des Kantons Thurgau. Fehr gehörte von 1884 bis 1920 als Abgeordneter der Freisinnigen dem Thurgauer Kantonsrat an. Oberst und Brigadekommandant der Kavallerie.
Heinrich Gelzer (1847-1906) – Corps Alamannia Basel – war Klassischer Philologe, Althistoriker und Byzantinist, Mitgründer der Byzantinischen Zeitschrift; Professor an der Universität Jena, Mitglied der sächsischen Akademie der Wissenschaften
Gottfried Immenhauser (1863-1936) – Corps Helvetia Bern – Oberst im Generalstab der Schweizer Armee, 1921 bis 1930 Chef des Militärflugwesens. In Dübendorf wurde die Immenhauserstrasse nach ihm benannt.
Hans Knüsli (1841-1921) – Corps Tigurinia Zürich – Generaldirektor und Verwaltungsratspräsident der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik in Winterthur 1870 Bezirksrichter in Winterthur, 1871 Gerichtspräsident, 1874 Stadtschreiber, dann bis 1898 Advokat, 1880-1889 Mitglied des Grossen Staatsrats, dessen Präsident, Kantonsrat, 1893 Verwaltungsratspräsident der Schweizer Lok- und Maschinenfabrik, Verwaltungsrat der SBB (1911).
Eugen (Freiherr von) Landau (1852-1935) – Corps Rhenania Bern – deutsch-jüdischer Bankier, Industrieller und Philanthrop. L. besuchte das Realgymnasium in Breslau und studierte an den Universitäten Berlin und Bern. Nach einer Lehre bei der Mitteldeutschen Creditbank und dem Bankhaus L. Behrens & Söhne trat er als Teilhaber in die Bank seines Vaters in Berlin und Breslau ein, deren Leitung er nach dessen Tod 1882 übernahm und die er iim Zuge der Börsenkrise 1898 in die Nationalbank für Deutschland einbrachte. 1929 wirkte er beim Zusammenschluss der Commerz- und Privatbank mit der Mitteldeutschen Creditbank mit. Er war Leiter und Begründer zahlreicher Bank- und Industrieunternehmen, u. a. im Bahnbau, Mitgründer der AEG und der Schultheiss-Brauerei, der zu ihrer Zeit grössten Brauerei der Welt. Zwei Jahrzehnte war er Vorsitzender des Aufsichtsrats der Nationalbank für Deutschland und der Berliner Hotelgesellschaft "Kaiserhof". Als Philanthrop war er Mitgründer des Hilfsvereins der deutschen Juden, förderte er die Jüdische Altershilfe, das Auerbachsche Waisenhaus, die Invalidenbank und war Präsident des Pro-Palästina-Komitees.
Hans E. Mayenfisch (1882-1957) – Corps Tigurinia Zürich – Banquier, Mäzen und Kunstsammler Als Teilhaber des Bankhauses Julius Bär & Co. war M. ein namhafter Wirtschaftsführer. 1929 vermachte er seine Sammlung zeitgenössischer Schweizer Künstler dem Zürcher Kunsthaus, das zugleich eine Anwartschaft auf künftige Erwerbungen erhielt. Bis zu seinem Tod wuchs die Sammlung auf 450 Werke an. 1932 bis 1953 war M. Vorstand der Zürcher Kunstgesellschaft, 1940 bis 1953 Präsident der Sammlungskommission. Seine Sammlung ist heute integraler Bestandteil des Kunsthauses.
Heinrich Morf (1854-1921) – Corps Helvetia Zürich – Romanist, Professor in Bern, Zürich, Frankfurt und Berlin, Rektor der Akademie für Handels- und Sozialwissenschaften in Frankfurt am Main (Vorläufer der Goethe-Universität Frankfurt am Main). M. studierte Klassische, indogermanische und romanische Philologie in Zürich und Straßburg, 1877 Promotion mit einer Arbeit über „Die Wortstellung im altfranzösischen Rolandsliede“, Professor für romanische Philologie in Bern, 1889 an der Universität Zürich, 1901 an der Akademie für Handels- und Sozialwissenschaften in Frankfurt am Main, 1910 an der Universität Berlin, Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, beschäftigte sich besonders mit der Erforschung lebender Mundarten und unterstrich deren Bedeutung für die Sprachgeschichte.
Louis (Ludwig) Mürset (1852-1921) – Corps Rhenania Bern – Präsident der Kreisdirektion der SBB in Luzern, Oberst der Artillerie wurde nach dem Studium zunächst Fürsprech, dann Obergerichtsschreiber, ehe er 1885 als Sekretär des eidgenössischen Eisenbahndepartements in die Eisenbahnverwaltung eintrat, 1901 wurde er Generalsekretär bei der Generaldirektion der Schweiz. Bahnen, 1912 Mitglied der Kreisdirektion der SBB in Luzern, 1917 deren Präsident .
Johannes von Muralt (1877-1947) – Corps Tigurinia Zürich – Oberstdivisionär der Schweizer Armee, Vorstand der Sektion für Festungswesen, Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes. M. studierte Rechtswissenschaften in Berlin, München und Zürich, war nach Abschluss seiner Promotion zunächst Bezirksanwalt, trat 1908 als Instruktionsoffizier in die Schweizer Armee ein. Offizier im Generalstab, 1926 zum Oberst, 1932 zum Divisonär befördert. Von 1932 bis 1937 war er Kommandant der Zürcher Felddivision im Rang eines Oberstdivisionärs. 1938 Präsident des Schweizerischen Roten kreuzes (bis 1946), während des Zweioten Weltkriegs eidgenössischer Kommissär für Internierung und Hospitalisierung, 1944 bis 1945 als erster Nicht-US-Amerikaner Leiter der Liga der Rotkreuzgesellschaften.
Carl Passavant (1854-1887) – Corps Tigurinia Zürich – Arzt und Forschungsreisender. Sohn des Bankiers Emanuel Passavant (Bankhaus Passavant & Cie.), unternahm 1883 und 1884 Forschungsreisen nach West- und Zentralafrika (Gabun, Kamerun), bedeutender fotografischer Nachlass im Museum der Kulturen in Basel.
Florian Adolf Alfred von Planta (1857-1922) – Corps Helvetia Zürich – Nationalrat in Reichenau b. Chur. Sohn des Agrarchemikers Adolf von Planta, war 1893 und 1896 Präsident des Grossen Rats, 1896-1914 Nationalrat, 1913-1914 Präsident des Nationalrats, 1914-1918 Gesandter der Eidgenossenschaft beim Königreich Italien; 1919 bis 1922 Gesandter beim Deutschen Reich – 1905-14 Präsident des Verwaltungsrats der Rhätischen Bahn und der Berninabahn.
Emile Rodé (1854-1898) – Corps Rhenania Bern – Jurist und Diplomat. Studierte Rechtswissenschaften in Bern, Heidelberg und Paris, Anwalt in Delsberg und Pruntrut, trat 1883 als Sekretär in den Dienst beim Politischen Departement. Von 1891 bis 1898 war R. erster Minister der Schweiz in Buenos Aires. Seine Akkreditierung erstreckte sich neben Argentinien auch auf Paraguay und Uruguay.
Otto Schärrer (1877-1938) – Corps Tigurinia Zürich – Politiker (FDP), Regierungsrat und Regierungsratspräsident des Kantons Schaffhausen studierte Rechtswissenschaften in München, Zürich, Berlin und Leipzig, danach zeitweilig als Prokurist der Brauerei Tiefenbrunnen tätig, 1913 Rückkehr in seine Heimatstadt Schaffhausen, war dort 1915 bis 1928 Staatsschreiber des Kantons Schaffhausen, 1918 bis 1928 aus Ratsschreiber (Sekretär des Grossen Rats), 1928 zum Regierungsrat gewählt, ein Amt, das er bis zu seinem Tod ausübte. Zuständig war er anfangs für die Polizeidirektion, später für das Erziehungs-, Militär- und Gewerbewesen. 1933 und 1937 war er Regierungsratspräsident.
Max Schede (1844-1902) – Corps Tigurinia Zürich – Professor für Chirurgie an der Universität Bonn studierte Medizin in Halle (Saale), Heidelberg und Zürich, danach in Halle Assistent von Richard Volkmann, dem Begründer der modernen Chiurgie in Deutschland, später Oberarzt der Chirurgie am Krankenhaus St. Georg in Hamburg, ab 1895 Professor für Chirurgie in Bonn, gilt als einer der Pioniere der antiseptischen Wundbehandlung in Deutschland. In Hamburg-Eppendorf wurde die Schedestraße nach ihm benannt.
Wilhelm Schmid (1858-1939) – Corps Rhenania Bern – Oberstdivisionär. Sohn eines Berner Goldschmieds, Realgymnasium, Studium der Chemie und Physik in Bern, 1882 Promotion zum Dr. phil. II. Schlug danach die Offizierslaufbahn ein und war von 1884 bis 1890 Sekretär des Waffenchefs der Artillerie, ab 1890 Instruktor der Kavallerie und ab 1893 der Artillerie. 1900 bis 1909 Oberinstruktor, 1910 bis 1912 Waffenchef der Artillerie. 1913 wurde Sch. Kommandant der 4. Division (bis 1918). Seine Verdienste liegen in der Verbesserung der Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Artillerie. U. a. war er massgeblich an der Einführung von Geschützen mit Rohrrücklauf beteiligt.
Anton Schrafl (1873-1945) – Corps Tigurinia Zürich – Ingenieur und Generaldirektor der Schweizerischen Bundesbahnen. Geboren in Lugano als Sohn eines aus Tirol stammenden Eisenbahningenieurs, der von 1902 bis 1909 die Gotthardbahn-Gesellschaft leitete. Schrafl studierte Bauingenieurwesen am Polytechnikum in Zürich und war ab 1896 bei der Baudirektion des Kantons Zürich tätig, 1898 als Bauführer der Neubaustrecke Reichenau-Ilanz, 1902 Adjunkt des Oberingenieurs der Gotthardbahn. Im Zuge der Verstaatlichung der Gotthardbahn 1911 wurde er Direktionsmitglied des Kreises V der SBB, ab 1922 Mitglied der Generaldirektion und 1926 Präsident der SBB (bis 1938). Danach amtierte er noch für einige Jahre als Direktor des Zentralamts für internationale Eisenbahnbeförderung in Bern.
Victor Schultze (1851-1937) – Corps Alamannia Basel – ev. Theologe und christlicher Archäologe - Studium der Theologie, 1879 Habilitation an der Universität Leipzig, 1883 Professor für christliche Archäologie und Kirchengeschichte in Greifswald.Sch. gilt als Begründer und Wegbereiter der christlichen Archäologie als eigenständiger wissenschaftlicher Disziplin innerhalb der Theologie. Schwerpunkte seiner Forschungen bildeten die frühchristlichen Katakomben mit ihrem Bildschmuck. Veröffentlichungen u. a. Archäologische Studien über altchristliche Monumente (1880), Die Katakomben (1882), Das evangelische Kirchengebäude (1886), Archäologie der altchristlichen Kunst (1895), Altchristliche Städte und Landschaften (4 Bde., 1913-1930), Grundriss der christlichen Archäologie (2. Aufl., 1934)
Hermann Steinbuch (1863-1925) – Corps Tigurinia Zürich – Oberstkorpskommandant der Schweizer Armee. St. besuchte das Gymnasium in Zürich, studierte dort Rechtswissenschaften und trat 1886 als Leutnant in die Schweizer Armee ein. 1890 wurde er Hauptmann im Generalstab, dem er mit kurzen Unterbrechungen bis zu seiner Ernennung zum Divisionskommandanten (1911) angehörte. 1896 bis 1898 Kommandeur des Schützenbataillons 6, 1898 bis 1904 Stabschef der VI. Division, 1906 bis 1910 Kommandant der Infanteriebrigade XI, 1911 Oberstdivisionär und Divisionskommandeur der 5. Division, 1919 Kommandant des III. Armeekorps und zugleich Inspektor der Gotthardtruppen und der Fliegertruppen.
Jakob Johann von Weyrauch (1845-1917) – Corps Tigurinia Zürich – Mathematiker, Ingenieur und Rektor der technischen Hochschule in Stuttgart, studierte am Polytechnikum und an der Universität Zürich, promovierte 1868 und arbeitete zeitweilig als Ingenieur beim Bau der Berliner Verbindungsbahn. Nach der Habilitation (1874) wurde er 1876 ausserordentlicher und 1880 ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule in Stuttgart, wo er mehrfach das Amt des Rektors bekleidete.
Ulrich Wille (1848-1925) – Corps Tigurinia Zürich – General und Oberbefehlshaber der Schweizer Armee. Besuchte die Volksschule in Meilen und studierte nach weiterem Privatunterricht Rechtswissenschaften in Zürich, Halle (Saale) und Heidelberg. 1869 Dr. jur. W. trat 1867 in die Armee ein, wurde im gleichen Jahr Leutnant, 1874 Hauptmann, 1877 Major und 1881 Oberstleutnant. In zahlreichen Schriften, u. a. in der von ihm an 1880 herausgegebenen "Zeitschrift für die schweizerische Artillerie" mahnte er eine Modernisierung der Schweizer Armee nach preußischem Vorbild an. 1885 wurde er Oberst und 1891 Waffenchef der Artillerie. 1896 aus dem Instruktionscorps entlassen, übernahm er die Leitung der militärwissenschaftlichen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich und lehrte über Kriegsgeschichte, Heeresorganisation, Taktik und soldatische Erziehung. 1900 erhielt er das Kommando der 6. Division, 1904 des 3. Armeekorps. Seit 1901 war er auch Leiter der Allgemeinen Schweizerischen Militär-Zeitung und hatte hierüber wesentlichen Einfluss auf die Militärorganisation der Schweizer Arme. Am 3. August 1914 wurde er zum General der Schweizer Armee gewählt.